Bahnstrom-Gutachten abgeschlossen: TU Dresden empfiehlt zentrale Versorgung mit Bahnstromleitungen

Die Teilnehmer des Begleitgremiums gemeinsam mit TU Dresden und DB bei der Übergabe des Gutachtens.

Die immer wieder gewünschte Elektrifizierung der Bahnstrecken in Nordostbayern lässt sich am sinnvollsten mit Bahnstromleitungen und Unterwerken umsetzen. Dies bestätigt nun auch ein Gutachten der Technischen Universität Dresden. Die technischen Möglichkeiten für die Bahnstromversorgung von Nordostbayern sollen von neutraler Seite untersucht werden – das war ausdrücklicher Wunsch vieler Menschen in der Region rund um Amberg. Diesem Wunsch hat die DB Rechnung getragen. Heute stellte Gutachter Prof. Dr.-Ing. Arnd Stephan in Hersbruck das Ergebnis vor.

In dem rund 100 Seiten starken Gutachten werden die möglichen Varianten der Bahnstromversorgung für das Gesamtnetz systematisch identifiziert und in einem Differenzialvergleich gegenübergestellt – von klassischen Freileitungen mit Unterwerken über weitgehend dezentrale Versorgungsvarianten mit Umrichterwerken bis hin zu einem starr geerdeten Inselnetz mit teilweiser Erdverkabelung. In die Varianten sind auch die Vorschläge eingeflossen aus dem Planungsentwurf, der auf Initiative von Kommunen und der IG „Bahnstrom – So Nicht“ erstellt wurde.

Mehrere Varianten im Vergleich – mit vielen Vor-, aber auch Nachteilen

Das Gutachten bewertet die verschiedenen Varianten anhand einer Vielzahl von Kriterien, die es rund um die Bahnstromversorgung zu berücksichtigen gilt. Dazu gehören neben den Kosten über den gesamten Lebenszyklus beispielweise die Versorgungssicherheit, die Verfügbarkeit, die Interoperabilität im komplexen europäischen System Schiene sowie die Auswirkungen auf Menschen und Natur. In der Gesamtschau auf all diese Faktoren empfiehlt der Gutachter einen Anschluss an das zentrale deutsche Bahnstromnetz durch Bahnstromleitungen als die sinnvollste Lösung. Für Varianten mit dezentraler Versorgung aus dem öffentlichen Netz ermittelte der Gutachter hingegen deutlich höhere Gesamtkosten, die langfristig vom Steuerzahler zu tragen wären. Deutlichen weiteren Untersuchungsbedarf bezüglich Bauverfahren, Systemverträglichkeit und Versorgungssicherheit sieht der Gutachter bei Lösungen mit teilweiser Verkabelung, die zudem nochmals erheblich teurer sind als dezentrale Varianten. Aus Sicht des Gutachters kann für diese Lösungen daher keine Empfehlung ausgesprochen werden.

Vertreter der Region haben Gutachten begleitet

Der Gutachter wurde von Politik und DB im November 2020 gemeinsam ausgewählt und im Dezember mit Bundesmitteln beauftragt. Das Team der TU Dresden rund um Prof. Dr. Stephan kann umfangreiche Referenzen rund um die elektrische Eisenbahn nachweisen. Der Gutachter genießt daher das Vertrauen aller Beteiligten. Die TU Dresden ist eine von elf Exzellenzuniversitäten in Deutschland. Im Sinne der Transparenz wurde das Gutachten durch Vertreter der Region begleitet: Das sogenannte Begleitgremium bestand aus den Bundestagsabgeordneten Karl Holmeier und Stefan Schmidt, den Bürgermeistern Robert Ilg (Hersbruck) und Dieter Dehling (Illschwang/IG Bahnstrom – So Nicht) sowie Gerhard Pirner (Technikexperte IG Bahnstrom – So Nicht). Bei insgesamt sechs Terminen von Februar bis Juni gemeinsam mit dem Team der TU Dresden und der DB wurden der Ablauf der Erstellung unterstützt und die Interessen der Region eingebracht.

Gutachter steht Rede und Antwort

Bei der Abschluss-Präsentation am heutigen Dienstag stellte Prof. Dr. Stephan bereits den Politikern im Begleitgremium die Ergebnisse vor und beantwortete Fragen dazu. Bei einem digitalen Themenabend wird der Gutachter am Donnerstag, 01. Juli um 18 Uhr (Achtung: Verschiebung wegen Achtelfinale!) auch für Bürgerinnen und Bürger die Inhalte präsentieren und sich den Fragen der Menschen stellen. Weitere Infos dazu gibt es bald auf dieser Webseite.

Stimmen zum Gutachten

Achim Saßmannshausen, Leiter Bahnstromleitungen/Erzeugung bei DB Energie: „Gerade vor dem Hintergrund des immer wichtiger werdenden Klimaschutzes ist die Elektrifizierung von Nordostbayern lange überfällig, das bestätigt das Gutachten. Doch Klimaschutz und Verkehrswende gibt es nicht ohne einen Ausbau von Infrastruktur. Wir wollen gemeinsam mit der Region daran arbeiten, dass die Elektrifizierung jetzt vorankommt und nicht an der Frage der Stromversorgung scheitert. Als nächstes werden wir das Raumordnungsverfahren für den Abschnitt zwischen Regensburg und Wiesau angehen.“

Gutachter Prof. Dr.-Ing. Arnd Stephan: „Wir sind an dieses wichtige Gutachten von Anfang an ergebnisoffen herangegangen und waren zunächst über die guten Vorschläge aus der Region erfreut. Diese haben wir zusammen mit den Planungen der DB aufgegriffen, daraus zahlreiche technisch mögliche Varianten gebildet und diese dann schrittweise einer objektiven Bewertung zugeführt. Am Ende war die Wirtschaftlichkeit der entscheidende Faktor, der uns heute eine klare Empfehlung ermöglicht.“

Robert Ilg, Bürgermeister Hersbruck: „Die Elektrifizierung der Strecke Nürnberg–Marktredwitz/Schirnding ist ökologisch und ökonomisch essentiell wichtig für die gesamte Metropolregion, die nordöstliche Region Nürnbergs darf nicht abgehängt werden. Die gutachterliche Begleitung durch Prof. Stephan und sein Team bestätigt die ersten Erkenntnisse der DB, schafft noch mehr Transparenz und kann für mehr Vertrauen in der Bevölkerung sorgen. Danke an alle Beteiligten, die daran mitgewirkt haben. Bei der Bewertung der Ergebnisse muss, wie von Landrat Armin Kroder zu Beginn des Prozesses formuliert, nicht nur auf die Machbarkeit, sondern auch auf die Wirtschaftlichkeit geachtet werden.“

Das vollständige Gutachten kann bei der TU Dresden eingesehen werden: https://tud.link/upfd

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